Fahren und fahren lassen

SAMSUNG CAMERA PICTURESMir ist ein interessanter Artikel aus der WAZ zugeschickt worden. Danke dafür. Es geht dabei um einen Rollstuhlfahrer, der gegen die öffentlichen Verkehrsmittel in Dortmund kämpft. Laut eigenen Angaben ist er 101 Mal nicht mitgenommen worden, während der ÖPNV argumentiert, dass es, wenn es vorkommen würde, es aufgrund der vorgefundenen Bedingungen unvermeidbar sei. Jetzt wird lustig hin- und hergeklagt. Wobei der Rentner wohl keinen anderen Weg sieht, als die Busse am wegfahren zu hindern.

Dies ist für mich unglaublich. Zum einen, Respekt, ich weiß nicht, ob ich mich vor einen Bus stellen würde, wobei mein elektrischer Rollstuhl auch wesentlich kleiner ist im Vergleich zu dem, den ich auf dem Foto gesehen habe. Vielleicht sollte man da in eine andere Richtung klagen, nur mal so als Gedankengang. Müssen das immer Rollstühle sein, die mehr an einen Kleinwagen als einen Rollstuhl erinnern? Meiner schafft es. Sogar wenn die Rampe auf der Straße umgeklappt werden kann, weil gar kein Bordstein vorgesehen ist. Ich bin zwar nicht begeistert und er sagt auch nichts, aber er schaffts hoch. Jetzt kenne ich mich nicht so gut mit Physik aus, aber ich bin mal tollkühn genug zu behaupten, dass verschiedene Rollstühle verschiedene Schwerpunkte haben.

Der arme ÖPNV, der würde so gerne einen Behinderten mitnehmen, aber leider kann man, einen Moment ich muss mir ein Taschentuch holen, nichts gegen die viel zu niedrigen Bordsteine tun. Das ist kein Argument, sondern eine Schande. Dann wage ich noch zu bezweifeln, dass die Ausbildung des Busfahrers komplex genug sein könnte, dass er oder sie auf den ersten Blick erkennt, welcher Rollstuhl wie hoch kommt und wann. Ich wünschte, und das würde mir schon ausreichen, die Ingenieure dieser Dinger könnten das. Wem gehören eigentlich die Haltestellen? Und wer hat dafür zu sorgen, dass sie nutzbar sind?

Der ÖPNV könnten bemühter sein, Behinderte als Kundschaft mit Bedürfnissen, die man befriedigen sollte, anzusehen. Und teilweise ist das auch perfide, wie diese unbewusste Diskriminierung verbreitet ist. So hat mein Lieblingsverkehrsunternehmen, die Rheinbahn, auch einige Dinge im Repertoire, die mich immer wieder sprachlos machen. Ich meine jetzt nicht die Busse ohne Rampe, ich verstehe, dass man nicht alle Busse verschrotten konnte, als die Idee mit der Rampe kam. Aber wenn ich schon eine Rampe sehe im Bus und freue mich, dass ich teilweise im Winter nicht weitere 20 Minuten warten muss. Und dann kriegt der Busfahrer die Rampe nicht auf, weil der Griff in seiner Einlassung so versifft ist oder angerostet, dass er nicht mehr rauszuziehen ist und die Rampe deshalb nicht nutzbar ist, und gerade mal kein Schraubenzieher zur Hand ist, fühle ich mich ehrlich gesagt verarscht. Dazu fehlt mir der Humor. Der eine oder andere Busfahrer scheint noch eine andere Art von Humor zu besitzen. Es ist unglaublich, aber mindestens jedes zweite Mal ist es so, dass wenn ein Pöller auf dem Bürgersteig zur Verfügung steht, er bedingungslos genutzt wird. Ich hab zwar noch kein einziges Mal gelacht, aber es hält die Fahrer nicht davon ab immer so stehen zu bleiben, dass irgendein Pöller mitten in der Tür den Weg versperrt.

Aber zurück zu dem Artikel. Beide Parteien haben meiner Meinung nach Recht und Unrecht zugleich. Persönlich habe ich ein Problem damit, wenn jemand provoziert und stolz darauf ist. Ich frage mich, ob ich so jemanden mitnehmen wollen würde? Auf der anderen Seite wirkt es auf mich, als ob DSW21 sich das zu einfach macht. Und es klingt nach Hohn.

Nur mal so ne Idee: was wäre wenn alle Behinderten genau dieselben Ticketpreise zahlen würden, wie alle anderen? Die Verkehrsbetriebe hätten mehr Geld, um Haltestellen umzubauen und die müssen sie ja sowieso bauen. Die Behinderten wären Kunden, hätten somit die selben Rechte und ein Ansehen anstatt Duldung. Fahren und fahren lassen.

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